Stress

Was ist Stress?

Jeder kennt ihn, jeder hat ihn, jeder klagt darüber – Stress gehört zu unserem Alltag. In Beziehungen, im Beruf und sogar in der Freizeit. Die Aussagen wie „heute hatte ich wieder einen Stress“, „das stresst mich total“ sind allgegenwärtig. Was genau ist aber damit gemeint?

Was bedeutet eigentlich Stress?

Ursprünglich kommt der Begriff „Stress“ aus dem Englischen und wurde in der Materialprüfung verwendet. Er beschreibt die physikalische Anspannung und Verzerrung von Metallen und Glas.

Der Begriff „Stress“ wurde 1950 in der Humanmedizin von Dr. Hans Selye eingeführt, der damit eine Parallele zum menschlichen Verhalten beschrieben hat. Er meint damit die Anpassungsleistung des Organismus auf Anforderungen (Reize) von außen und von innen. Beispielsweise Hitze, Kälte, Lärm… und Trauer, Ärger mit sich selbst, weil man z.B. das Gewicht nicht halten kann. Der Begriff wird in der Psychologie hingegen bei der Bezeichnung von psychischen Spannungs- und Erregungszuständen aufgrund bestimmter Einstellungen, Befürchtungen und Erwartungshaltungen verwendet.

Die Reize sprich Stressoren lösen unter Umständen im Körper eine Stressreaktion aus. Das ist abhängig von der subjektiven Einschätzung der Situation, ob sie bedrohlich oder lösbar erscheint. Sollte sie bedrohlich erscheinen, wird eine Stressreaktion im Organismus hervorgerufen, die in Bruchteilen von Sekunden, den Körper zum Erbringen von Höchstleistung versetzt.

 

Die drei Ebenen des Stressverlaufs

                                           

                                                                  

Was ist ein Stressor?

Stressoren sind Situationen, die die psychischen oder physischen Belastungen darstellen, mit denen man stets konfrontiert wird.

 

Was ist ein Stressverstärker?

Der Stressverstärker ist die individuelle Wahrnehmung und Bewertung des Stressors. Diese hängt von der Einstellung, Motivation und von den Erfahrungen ab. Eine schnelle kurze Einschätzung der Situation, ob Kompetenzen vorhanden sind, um mit diesem Ereignis fertig zu werden. Der Stressverstärker ist die Brücke zwischen Stressor und Stressreaktion. Er entscheidet, ob und in welcher Intensität eine Stressreaktion eintritt.

 


Was ist eine Stressreaktion?

Stressreaktionen sind die individuellen körperlichen und psychischen Antworten des Organismus auf die Auslöser bzw. Stressoren.

 

Was löst dies in meinem Körper aus?

Grob gesagt, schüttet mein Körper Hormone aus, die meinen Körper zu Höchstleistungen bereit machen. Denn diese Höchstleistungen sind unter Umständen bei FLUCHT oder ANGRIFF unerlässlich. Aus diesem Grund sagt man auch „Überlebensprogramm“ dazu.

Stellt man sich aber die Frage, was denn genau in unserem Körper passiert, wird es schon sehr differenzierter. Wir haben nicht nur ein Nervensystem, sondern genauer gesagt vier und diese unterscheidet man nach ihren Funktionen.

Das zentrale Nervensystem: Wird gebildet durch das Hin und das Rückenmark

Zum peripheren Nervensystem: gehören alle neuronalen Strukturen, die außerhalb des zentralen Nervensystems liegen. Es wird zwei geteilt in das somatische- und vegetative Nervensystem.

Das somatische Nervensystem: steuert unsere gewollten Körperfunktionen, wie die bewusste Bewegung.

Das vegetative Nervensystem: wird auch autonomes Nervensystem genannt, da es die unbewusst ablaufenden Körperfunktionen (Herzschlag, Atmung, Augen blinzeln, ...) steuert. Zu diesem Nervensystem gehören die zwei Nervenstränge Sympathikus und Parasympathikus sowie das enterische Nervensystem, welches den Magen-Darm-Trakt (z.B. Verdauung) steuert.

Der Sympathikus ist für die lebenswichtigen Vorgänge, wie zum Beispiel Herzschlag oder Blutdruck verantwortlich, dieser wir auch vor allem bei Stresssituationen angesprochen.

Der Parasympathikus ist für die Steuerung der inneren Organe und den Blutkreislauf verantwortlich. Er ist für die Entspannungsphase nach einer Stresssituation wichtig.

Die körperliche Stressreaktion, läuft über zwei Achsen in unserem Körper ab, bei der drei von vier Nervensysteme beteiligt sind.

 

Die Sympathikus-Nebennierenmark-Achse (Katecholamine bei kurzzeitigem Stress)

Hervorgerufen durch den Stressor wird im Reptiliengehirn (auch Stammhirn) Noradrenalin freigesetzt und der Sympathikus aktiviert. Die Sympathikus-Nervenenden schütten dann auch ihrerseits Noradrenalin aus und aktivieren dadurch die peripheren Organe. Der Sympathikus intensiviert außerdem das Nebennierenmark, weiteres Adrenalin auszuschütten, welches ins Blut gelangt und dadurch eine Vielzahl von Änderungen in unserem Körper hervorruft. Parallel dazu wird die Produktion weiterer Hormone (z.B. Cortisol) angeregt. Die vermehrte Konzentration dieser Hormone im Blut steigert die Herzfrequenz, erhöht den Blutzuckerwert, die Atmung und den Blutdruck. Zur gleichen Zeit werden das Immunsystem aktiviert, die Bronchen geweitet und die Muskeln mit Energie versorgt. Dies alles passiert in Millisekunden, damit der Körper in Alarmbereitschaft versetzt werden kann, um bei Gefahr auf Flucht oder Kampf reagieren zu können.


Alle Abläufe im Körper, die nicht zum Überleben wichtig sind, werden heruntergefahren. So zum Beispiel der Verdauungstrakt, die Blasentätigkeit, die Durchblutung innerer Organe und sogar der Trieb der Reproduktion. Dadurch können wichtige Energiereserven optimal eingesetzt werden.

Die Hypothalamus-Hypophysen-Achse (Glukokortikoide bei länger anhaltendem Stress)

Bei länger anhaltenden Stresssituationen versucht der Körper durch eine Gegensteuerung die Stressreaktion abzumildern und den Energieverbrauch zu senken. Dafür ist der zweite Strang des vegetativen Nervensystems, der Parasympathikus verantwortlich. Er steht für Erholung, Entspannung und Schonung. Im Gehirn werden Hypothalamus und Hypophyse über Signale angesteuert. Es kommt zur Ausschüttung des Kortikotropin-releasing-Hormon CRH und des Adrenokortikotrophes Hormon ACTH sowie aus der Nebennierenrinde das Kortisol. Adrenalin wird parallel dazu ausgeschüttet. Das Ganze dient nur einem Zweck, nämlich enorm schnell viel Energie für Fight or Flight (Kampf oder Flucht) zur Verfügung zu stellen. Ist die Gefahrensituation gebannt, ist im Normalfall die zusätzlich bereitgestellte Energie verbraucht und es kann die Ruhephase einkehren.

Im Optimalzustand wirken Sympathikus und Parasympathikus harmonisch zusammen und halten die Waage zwischen Anspannung und Entspannung. Wichtig zu wissen ist, dass eine Verschiebung des hormonellen Gleichgewichts, immer zu körperlichen Reaktionen führen kann, die für die Gesundheit schwerwiegende Folgen bedeuten.

 

                                                                          

 

Zurück zur Ausgangssituation, meine Einstellung, meine Motivation und meine Erfahrungen sind maßgeblich an der Stressreaktion beteiligt. Daraus erschließt sich, das Stress selbst gemacht ist.

 


Stress ist nicht gleich Stress!

Man unterscheidet zwischen dem positiven Stress (Eustress) und dem negativen Stress (Disstress).

Eustress ist von einer griechischen Vorsilbe abgeleitet. „Eu“ steht für „gut“. Diese Art von Stress wird in der Regel nicht als Belastung empfunden. Es handelt sich dabei meist um Tätigkeiten, die einem besonders viel Spaß machen und die man mit großer Leidenschaft ausführt. Hier kann Stress belebend wirken und die Leistungsfähigkeit sogar befördern.

Disstress wird auch als negativer Stress bezeichnet. „Dis“ ist eine lateinische Vorsilbe und steht für „schlecht“. Er ist mit all seinen negativen körperlichen, geistigen und seelischen Folgen für den Betroffenen über einen längeren Zeitraum derart belastend, dass er schließlich krank machen kann.

 

                                                      

 

Kann man etwas gegen Stress tun?

Nein, und das ist auch gut so, denn Stress ist in erster Linie etwas Gutes. Er kann uns zu Höchstleistungen beflügeln. Wie schon erwähnt, ist Stress ein Überlebensprogramm, welches uns heute zwar nicht mehr vor einem Säbelzahntiger schützen muss, aber in unserem Alltag lauern immer noch große Gefahren und wenn dies nur ein bissiger Chef oder Kollege bzw. die Kollegin ist. Wenn dann nach einer Auseinandersetzung, also nach der Anspannung die Entspannung folgt, läuft alles wie es das Programm vorsieht. Meistens tritt aber nach der Anspannung nicht die Entspannung ein und damit kommt es dann zum unerwünschten Dauerstress.

Was wir also machen können, ist den Stress auf ein gesundes Maß zu reduzieren. Dazu gibt es viele Möglichkeiten, aber nicht jede angebotene Methode hilft jedem. Die Sinne, die für die Aufnahme von Informationen benutzt werden, muss man auch zum Entspannen einsetzen. Wer überwiegend über die Augen Informationen aufnimmt, sollte möglichst
visuell und optisch entspannen, das gleiche gilt für Hören und Bewegung. Um die Typisierung deutlicher darzustellen. Ein visueller Lerntyp möchte seine Erfolge „sehen“ in Form von Geschenken, Preisen, Urkunden, …! Der auditive Typ möchte sie „hören“ mit Aussagen wie zum Beispiel toll gemacht, weiter so, prima, …! Und der kinästhetische Typ möchte sie „fühlen“ mit Umarmungen, Abklatschen, freundliche Berührungen, …!

Um heraus zu bekommen was uns den wirklich stresst, sollte ein „Stress-Tagebuch“ geführt werden. In dieses schreibt man alle Tätigkeiten ein, bei denen das Gefühl von Stress auftaucht.

 

Beispiel für ein Stress-Tagebuch

Alle Stressauslöser (Stressoren) und das empfundene Stresslevel (1-10), sowie Gefühle, Gedanken und Handlungen möglichst gut differenziert eintragen.

 

                                                    

 

Auswertung des Stress-Tagebuchs:

Das Stress-Tagebuch im Hinblick auf folgende Fragen analysieren:

  • Was sind meine häufigsten Stressoren? (Zeitnot, Personen in meinem engeren Umfeld, Arbeiten im Betrieb/zu Hause)
  • Welche Personen sind es und was stresst mich an ihnen?
  • Welche Parallelen gibt es bei den Stressoren?
  • Was ist mein persönliches Stressverhalten?

 

Aktive Stressbewältigung:

Nach dem die Stress-Analyse fertig ist, kann man in die Umsetzung von Stressreduzierung und Stressprävention einsteigen. Dazu gibt es verschiedene Methoden von A wie Atem-Übungen bis Z wie Zeitmanagement. Jetzt gilt es nur noch die passende Methode für mich und meinen Stress zu finden. Deswegen macht es Sinn, bestimmte Stressbewältigungsmethoden kennenzulernen und auszuprobieren.

Aus den Methoden, die zu einem passen, kann man ein persönliches Antistressprogramm entwickeln. Und durch eine permanente Kontrolle der Zufriedenheit des Stresszustandes, den Stress in Zaum halten.

 

Beispiele für Stressbewältigung:

  • Entspannung
  • Guten Schlaf
  • Bewegung
  • Work-Life-Balance
  • Muskelentspannung
  • Atementspannung
  • Yogaübungen
  • Meditation
  • Qigong
  • Tai-Chi
  • Progressive Muskelentspannung
  • Fantasiereisen
  • Time-out
  • Genusstraining
  • Zeitmanagement
  • Stressernährung

 

Da Stress nur ein Begriff ist und dieser uns nicht schadet, müssen wir nach den Stressoren schauen und diese soweit es möglich ist zu kontrollieren, damit sie uns nicht krank machen. Nach Stress könnte die nächste Phase Burnout oder noch schlimmer auch die Depression sein.

 

Andreas Schwarz